kostenlose Konzertkarten / Freikarten

Band - Chor der Deutschen Oper Berlin


Chor der Deutschen Oper Berlin
Schreibe einen Kommentar
  Chor der Deutschen Oper Berlin-Events exportieren  Chor der Deutschen Oper Berlin Tourdaten exportieren

Zur Zeit sind keine aktuellen Termine vorhanden...

In der jährlichen Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Opernwelt wurde der Chor der Deutschen Oper Berlin im Jahr 2008 und 2im Jahr 2009 als »Chor des Jahres« geehrt. Aus besonderem Anlass hat uns die Opernwelt ihre Laudatio für den Opernchor des Jahres und vor allem für seinen Leiter William Spaulding (2008) zur Verfügung gestellt.

ES GIBT KEIN GEHEIMNIS - Seit einem Jahr hat er das Kommando: Wie William Spaulding mit dem Chor der Deutschen Oper arbeitet
Text von Albrecht Thiemann

Oft werden sie bloß en passant beachtet. Obwohl sie meist im Rampenlicht stehen. Und im Parkett kennt kaum jemand ihre Namen. Obwohl niemand auf die Idee käme, ihre Bedeutung in Frage zu stellen. Auch der Kritik sind sie in der Regel allenfalls ein, zwei Sätze wert. Und das, obwohl ohne sie Oper nicht mal eine halbe Sache wäre. LOHENGRIN, AIDA oder TURANDOT ohne Choristen? Nicht auszudenken.

Was ginge uns Tannhäusers Unglück auf der Wartburg an, wenn die Hofgesellschaft des thüringischen Landgrafen nicht ihrem Zorn auf den Mann aus der Venushöhle in wuchtiger Vielstimmigkeit Luft machte? Und wie sollte uns die rasende Eifersucht von Verdis Otello unter die Haut fahren, wenn sie sich nicht in den klangmächtig aufschäumenden Irritationen seines Volkes als tragischer Wahn spiegelte? Ohne leistungsstarken Chor wäre es nicht weit her mit dem Kraftwerk der Gefühle. Man ahnt das sofort, wenn die singenden Heerscharen mal nicht ganz auf der Höhe agieren.

An Deutschlands zweitgrößtem Opernhaus, der Deutschen Oper in Berlin, kommt das kaum noch vor, seit William Spaulding die Verantwortung für die achtzig Chorsolisten trägt. Erst zu Beginn der vergangenen Spielzeit hat der in Washington D. C. aufgewachsene Sohn eines Kantors die Arbeit an der Bismarckstraße aufgenommen, und schon bald war ein deutlicher Aufschwung des vorher – man denke an das FREISCHÜTZ-Debakel unter Ex-GMD Renato Palumbo – manchmal sich selbst überlassenen Chores zu bemerken. Woher rührt dieser Wechsel? Hat sich die Motivation verbessert?

Hat sie mit der wieder erstarkten Überzeugung zu tun, einem Haus mit großer Tradition anzugehören, das nach der Wende peu à peu vom Zentrum an die Peripherie des Berliner Opernlebens rückte? »Es gibt kein Geheimnis«, sagt William Spaulding auf die Frage nach den Strategien seiner erfolgreichen Aufbauarbeit. »Ich musste ja nicht das Rad neu erfinden. Dieser Chor ist in einer sehr guten Verfassung. Er beherrscht das Kernrepertoire im Schlaf. Da kann ich mich im Probenalltag aufs Wesentliche konzentrieren. Und das heißt: eine sinnvolle Balance zu finden zwischen dem, was den Sängerinnen und Sängern aus ihrer langjährigen Bühnenpraxis heraus vertraut ist, und dem, was ich anders mache als meine Vorgänger.«

Und doch steckt der Teufel oft gerade in den vermeintlich einfachen, hundertfach probierten Passagen. Beispiel Pilgerchor, TANNHÄUSER, erster Akt: »gesegnet, wer im Glauben treu«. Da geht es, in gemessenem Tempo und im Vertrauen auf den Herrgott, zum hohen E hinauf, halbe Note. Es folgt eine Viertel auf gleicher Höhe, dann sinkt die Melodielinie aufs G hinab. Scheinbar kein Problem. Doch wenn man nicht aufpasst, kommt die fallende Phrase einen Tick zu tief. »Man muss diese Tonwiederholung wie einen Neuanfang nehmen«, erläutert Spaulding. »Das muss man sich immer wieder anschauen.«

Wie so vieles, was auf den ersten Blick leicht und komfortabel in der Kehle liegt. Die Belcanto-Chöre zum Beispiel, die gerade heraus gebauten Sätze von Bellini und Donizetti. Sie zum Schwingen zu bringen, gehört zum Schwersten. Und wenn einmal Neues, Fremdes, Unbekanntes im Probensaal auf den Pulten liegt – wie zuletzt die Noten zu Vittorio Gnecchis CASSANDRA oder Walter Braunfels’ JOHANNA – probt Spaulding gern zunächst die eingängigen Stellen, um den Zugang zu erleichtern.

Eine ständige Herausforderung ist auch die Auswahl geeigneter Nachwuchskräfte. Der Chor der Deutschen Oper weist ein stolzes Durchschnittsalter auf, viele haben ihr Handwerk noch unter Walter Hagen-Groll gelernt, der seinerzeit ein Spitzenensemble formte, das nicht nur Herbert von Karajan für etliche Schallplattenaufnahmen engagierte. Wird eine Stelle frei, lädt William Spaulding zum Vorsingen ein. Nun bilden die Musikhochschulen vorwiegend Solisten aus, spezifische Angebote für Chorsolisten finden sich selten. »Bei mir müssen die Kandidaten ein paar Arien und eine Chorpassage singen, ich nehme da immer den Priesterchor aus der ZAUBERFLÖTE«. Und hier, im zweiten Teil der »Prüfung«, spürt der Erste Chordirektor des Hauses, der nach Stationen in Chemnitz, Wien, Barcelona und Mannheim 2007 nach Berlin kam, sehr schnell, ob eine innere Beziehung zum Chorgesang vorhanden ist oder nicht. Manchmal verraten schon Äußerlichkeiten etwas über die Haltung, etwa der (mehr oder eben weniger Gebrauchsspuren aufweisende) Zustand der Chornoten. »Man muss das wollen, man muss Spaß haben am Singen im Kollektiv«.

Sechs Neuproduktionen hat William Spaulding während seiner ersten Spielzeit in Berlin betreut, daneben unzählige Repertoireaufführungen. Es vergeht kaum ein Abend, an dem er nicht – oft mit seinem Stellvertreter Hellwart Matthiesen – irgendwo in der Kulisse steht, um »seinen« Leuten auf der Bühne die Einsätze zu geben. Erfolg ist das Ergebnis geduldiger, harter Arbeit. Das ist alles. Es gibt da kein Geheimnis.
(Opernwelt - Jahrbuch 2008)

Copyright © 2011, All rights reserved.